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Mobilität

Der Rollstuhl (kurz Rolli und im Sprachgebrauch des Hilfsmittelverzeichnisses der Krankenkassen Krankenfahrstuhl) ist ein Hilfsmittel für Menschen, die aufgrund einer körperlichen Behinderung in der Fähigkeit zum Gehen beeinträchtigt sind. Der Rollstuhl ermöglicht es diesen Menschen, mobil zu sein; er ist kein Therapiegerät. In Deutschland gibt es 1,56 Millionen Rollstuhlfahrer.

Die Entwicklung vom Mittelalter bis zur Gegenwart
König Philipp II. von Spanien hatte 1595 offenbar einen Rollenstuhl mit verstellbarer Rücken- und Fußstütze. Einen selbstanzutreibenden Rollstuhl konstruierte der gelähmte Uhrmacher Stephan Farfler 1655. Das erste Patent für einen Rollstuhl wurde im Jahr 1869 in den USA erteilt.

Von ersten einfachen Modellen ausgehend, hat sich inzwischen eine Vielfalt an Rollstuhltypen entwickelt, die sowohl nach Behinderungsmerkmalen als auch Anwendungszwecken differenziert sind. Zahlreiche Merkmale der Konstruktion des Rahmens, der Sitzeinheit und der Ausstattung haben sich ausdifferenziert.

Rollstühle als Luxusangebot

Bei der Wiener Weltausstellung 1873 standen Rollstühle als Luxusangebot bereit. Dieses Service war nicht primär ein Angebot für Körperbehinderte, sondern für betuchte Ausstellungsbesucher, denen damit der ermüdende Ausstellungsrundgang angenehmer gestaltet werden sollte. Vor allem mondäne Damen, deren Bewegungsfreiheit durch Kleider mit langen Schleppen eingeschränkt war, machten gerne von dem Service, sich mit Schiebesesseln von livrierten Bediensteten durch die Ausstellung schieben zu lassen, Gebrauch.

Unterscheidung nach Rahmenbauart

Faltfahrer

haben einen Rahmen in faltbarer Ausführung. Sitzfläche und Rückenlehne sind in der Grundkonstruktion aus flexiblem Tuchmaterial oder einer abnehmbaren Sitzplatte gefertigt, und der Rahmen hat eine zusammenklappbare liegende oder stehende Kreuzstrebe. Die stehende Kreuzstrebe des klassischen Faltfahrers bewirkt eine gewisse Dämpfung bei unebener Bodenbeschaffenheit. Allerdings geht durch die flexible Verstrebung beim Fahren einiges an Kraft verloren. Er ist deutlich schwerer als ein Starrrahmen. Für viele erwachsene Rollstuhlfahrer ist ein gefaltetes Modell leichter ins Auto zu verladen; Verladehilfen sind oft nur für Faltfahrer erhältlich. Deswegen nehmen einige erwachsene Rollstuhlnutzer die schlechteren Fahreigenschaften in Kauf.

Starrrahmenstühle

haben einen nicht faltbaren Sitzrahmen und eine ungeteilte und nicht abnehmbare Fußraste. Normalerweise lässt sich zum Transport die Rückenlehne umklappen und die Antriebsräder über die Steckachse abnehmen. Der Starrrahmen ist deutlich leichter und bietet eine optimierte Kraftübertragung.

Unterscheidung nach Antriebsart

Greifreifenrollstuhl

Greifreifenrollstühle, die der selbständigen Fortbewegung mit Handantrieb durch Greifringe dienen, sind weit verbreitet.

Rollstuhl mit Einhandantrieb

Rollstühle mit Einhandbetrieb sind zum Selbstfahren mit einer Hand geeignet. In der Regel befinden sich Doppelgreifreifen auf einer Seite des Rollstuhls. Dadurch können die Räder durch eine spezielle Radachse separat und eigenständig angetrieben werden.

Handhebelrollstuhl

Handhebelrollstühle, die zum Selbstfahren mittels Handhebeln und Hebel-Getrieben gedacht sind, sind bei Aktivrollstühlen seltener vertreten. Es gibt dazu neuere Entwicklungstendenzen.

Elektrorollstuhl

Elektrorollstühle, die umgangssprachlich E-Rolli genannt werden, haben einen Elektromotorantrieb.

Schieberollstuhl

Schieberollstühle sind zum Schieben einer passiven Person mithilfe der Schiebegriffe an der Rückenlehne geeignet.

Trippelrollstuhl

Trippelrollstühle dienen der selbständigen Fortbewegung mit den Füßen mittels „Trippeln“. Diese Rollstühle entsprechen in der Form einem Greifreifenrollstuhl, dessen Fußbrett entfernt wurde.

Unterscheidung nach Kassenleistung/Verordnungstext

Standardrollstuhl

Dieser Rollstuhltyp bietet nur elementare Rahmen- und Ausstattungsmerkmale, die eine Grundversorgung für die nicht dauerhafte Benutzung darstellen. Er ist als Selbstfahrer-Rollstuhl (mit 24 Zoll Antriebsrädern) sehr schwer (um 20 kg), und eine individuelle Einstellung ist nur begrenzt möglich. Das selbstständige Fortbewegen mittels der Arme ist konstruktionsbedingt als eher kraftraubend zu bezeichnen. Speziellere Bedürfnisse z. B. nach mehr Bewegungsfreiheit, Leichtigkeit und Sitzkomfort werden allenfalls durch zusätzliches oder austauschbares Zubehör abgedeckt. Deshalb dient ein Standardrollstuhl häufig als Transport- und Schieberollstuhl in Kliniken und Einrichtungen oder als kurzzeitige Hilfsmittel-Versorgung bei vorübergehender, eingeschränkter Mobilität (z.B. nach Frakturen an Beinen, Zustand nach Operationen). Sie sind vom Kostenfaktor eher günstig.

Leichtgewichtrollstuhl

Er unterscheidet sich vom Standardrollstuhl zunächst durch das Rahmenmaterial mit etwas geringerem Gewicht (etwa 13–17 kg). Hinzu kommt, dass er aufgrund der Einstellungs- und Ausstattungsmöglichkeiten eine etwas individuellere Anpassung bietet (wichtigstes Merkmal ist die Verstellbarkeit der Sitzhöhe). Eine selbständige Fortbewegung ist dennoch nur unter großem Kraftaufwand möglich; insofern ist diese Bezeichnung leicht irreführend. Leichtgewichtsrollstühle werden häufig in der Rehabilitation von Menschen mit Schlaganfall (z.B. als „Trippelrollstuhl“ genutzt) oder im Anfangsstadium bei Multipler Sklerose eingesetzt. Dieser Rollstuhltyp ist teurer als ein Standardrollstuhl.

Multifunktions-, Pflege-, Positionierungs- oder Lagerungsrollstühle

Sie haben als Option teilweise unterschiedliche Sitz- und Rückenpolstereinheiten und verfügen üblicherweise über eine Sitzkantelung und Rückenwinkelverstellung per Gasdruckfeder. Dies ermöglicht eine Positionierung des Nutzers von einer aufrechten zu einer halbliegenden Sitzposition während er im Rollstuhl sitzt. Diese Rollstühle gehören überwiegend zu der Kategorie Schieberollstühle, da das eigenständige Antreiben aus dem Rollstuhl selbst heraus aufgrund der Bauart äußerst schwerfällt oder gar nicht erst möglich ist. Sie werden bei schwerstmehrfachbehinderten Rollstuhlnutzern eingesetzt und sollen die Pflege erleichtern oder eine „mobile“ Lagerung ermöglichen. Durch viele Bauteile und Verstellmöglichkeiten ist das Gesamtgewicht dieser Stühle recht hoch.

Adaptiv-Rollstühle oder Aktiv-Rollstühle

Sie zeichnen sich durch individuelle Anpassung in Maßen und Ausstattung an den jeweiligen Nutzer aus. Die Anpassung an die jeweiligen anthropometrischen Gegebenheiten des Benutzers erfolgt normalerweise in cm-Schritten. Der Rollstuhl sollte immer im Beratungsgespräch von einem erfahrenen Medizinprodukteberater angepasst werden. Eine vorherige Erprobungsphase ist meist ratsam. Neben Design und Optik entscheidet vor allem die anschließende Nutzbarkeit über das Modell und seine Ausstattungsmerkmale. Der Rollwiderstand und das Gewicht bei einem Aktivstuhl sind derart minimiert, dass eine selbstständige Fortbewegung besonders leicht fällt. Dadurch soll eine möglichst eigenständige Lebensweise mit dem Hilfsmittel, trotz Behinderung, sichergestellt werden. Das Gewicht dieser Rollstuhlmodelle variiert bei den neueren Modellen zwischen 5 und etwa 10 Kilogramm (Achtung: diese Herstellerangabe bezieht sich meist auf das Verladegewicht des Rollstuhls ohne Antriebsräder und in gesonderter Ausstattung!). Das Rahmenmaterial ist meist aus Aluminium, wesentlich teurere Varianten sind aus Titan oder Carbon in festverschweißter Ausführung. Aktiv-Rollstühle können zwischen 2000 und 7000 Euro kosten (Stand 2013).